Wenn Berge abbrechen: Leben mit der Gefahr
Der Abbruch des Birchgletschers Ende Mai 2025 im Schweizer Wallis hat ein Bergdorf unter sich begraben. Welche Lösungsansätze gibt es für den Umgang mit solchen Naturereignissen im Alpenraum?
Die Bewohner:innen von Blatten/CH wollen ihr zerstörtes Dorf wieder aufbauen – ob das gelingen kann, ist noch unsicher. Auch andere Alpenregionen stellen sich spätestens jetzt die Frage, ob und welche Siedlungsräume durch Bergstürze gefährdet sind. Diese häufen sich nämlich durch auftauende Permafrostböden und die immer rascher voranschreitende Gletscherschmelze. Etwa am österreichischen Fluchthorn im Sommer 2023, wo der Gipfelgrat wegbrach – allerdings in unbewohntem Gebiet. Im Juli 2022 löste ein Gletscherabbruch an der Marmolata in den italienischen Dolomiten eine Eis- und Steinlawine aus, die elf Menschen das Leben kostete. Die Schweiz ist speziell gefährdet: Oberhalb der Ortschaft Kandersteg sind 20 Millionen Kubikmeter Gestein in Bewegung. Sie würden nicht direkt ins Dorf stürzen, aber mit grosser Wahrscheinlichkeit verheerende Murenabgänge auslösen wie beim Bergsturz von Bondo im Jahr 2017.
Wie wir uns anpassen können
Vor Jahrhunderten waren die Vorzeichen umgekehrt: Die Alpenbevölkerung fürchtete die vorstossenden Gletscher und damit verbundene Gletscherseeausbrüche. Heute hingegen schaffen der klimabedingte Rückzug der Gletscher und des Permafrosts neue Lebensräume und neue Gefahren – nachzulesen im Themenheft «Nach dem Gletscher». Wie können wir Menschen uns daran anpassen? «Zentral sind die Organisationsstrukturen, ein ganzheitlicher Ansatz sowie die Vernetzung mit lokalen Akteuren», meint Projektleiter Wolfgang Pfefferkorn, der das im Frühling 2025 abgeschlossene Forschungsprojekt MultiBios in Zusammenarbeit mit der Universität für Bodenkultur Wien umsetzte. Biosphärenparks aus dem deutschsprachigen Raum teilten dabei ihre Erfahrungen im Umgang mit Klimarisiken und Naturgefahrenmanagement. Potenziale naturbasierter Massnahmen zur Abmilderung der Auswirkungen von Naturgefahren im Alpenraum und die Governance-Mechanismen dahinter untersucht ein aktueller Bericht des deutschen Umweltbundesamts. Das alpenweite Projekt Ground:breaking befasst sich zudem mit Bodenentsiegelung – einer effektiven Massnahme zur Eindämmung der Auswirkungen von Hochwasser und Hitzewellen.
Quellen und weiterführende Informationen:
www.derstandard.de/story/3000000272137/nicht-nur-in-der-schweiz-brechen-die-berge (de), www.swissinfo.ch/ger/klimaschutzlosungen/blatten-warum-all-die-bergst%C3%BCrze-in-der-schweiz-es-ist-kompliziert/89418023 (de), www.repubblica.it/green-and-blue/2025/05/29/news/blatten_crollo_ghiacciaio_svizzera_frana-424636128/ (it) www.sueddeutsche.de/panorama/unglueck-in-den-alpen-wie-kam-es-zum-gletscherabbruch-und-folgen-weitere-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-250530-930-610107 (de)