Kernkraft: Ausstieg vom Ausstieg?
Ein möglicher zweiter Kernreaktor im slowenischen Krško, Diskussionen um das AKW-Neubauverbot in der Schweiz, italienische Pläne für einen Wiedereinstieg: Droht ein Atomkraft-Revival im Alpenraum?
Klimaschutz, regionale Entwicklung, stabile Energieerzeugung: Mit diesen Versprechen wollte das slowenische Parlament Ende November 2024 das Volk zum Bau eines zweiten Kernkraftreaktors in Krško befragen. Nun findet die Befragung doch nicht statt, unter anderem wegen der suggestiven Fragestellung. Greenpeace und andere NGOs hatten das Vorhaben bereits zuvor scharf kritisiert, wie Špela Berlot, Geschäftsführerin von CIPRA Slowenien erklärt: «Alles deutet darauf hin, dass ein neuer Kernreaktor eine verlorene Investition wäre, deren Kosten die Steuerzahlenden und künftigen Generationen tragen müssen – wie etwa beim bereits erweiterten Kohlekraftwerk in Šoštanj.» Im kleinen Slowenien entspreche die für einen Reaktor nötige Investition von 15 Milliarden Euro dem gesamten Jahreshaushalt des Landes, so Berlot. Immer wieder kam es in Krško zu Störfällen, zuletzt 2023. Die Endlagerung des hochradioaktiven Mülls ist nach wie vor ungeklärt, zudem liegt das Kraftwerk im Gebiet mit dem europaweit höchsten Erdbebenrisiko.
Neue Atomkraftwerke: Zu spät für die Energiewende
In der Schweiz hatte eine Mehrheit der Bevölkerung 2017 für ein AKW-Neubauverbot gestimmt, welches auch beschlossen wurde. Anfang 2024 reichte eine bürgerliche Allianz eine Initiative für eine Bürgerinnenbefragung ein, die das Verbot aufheben will. Auch Italiens rechtspopulistische Regierung will zukünftig wieder Kernkraft nutzen. Als Folge der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl hatte Italien seinen letzten Atommeiler Ende der 80er-Jahre vom Netz genommen und diesen Beschluss nach dem Atomunfall in Fukushima 2011 erneuert. Frankreich blieb trotz aller Bedenken immer Atomkraft-Land. In Deutschland und Österreich ist Kernenergie derzeit kein Thema: Im April 2023 hat Deutschland seine letzten drei Kernkraftwerke abgeschaltet. Im österreichischen Ort Zwentendorf gibt es zwar ein Atomkraftwerk, doch aufgrund einer negativen Volksabstimmung im Jahr 1978 ging es nie in Betrieb. Das führte zu einem Atomsperrgesetz, demzufolge keine Kernkraftwerke ohne Volksabstimmung gebaut werden dürfen. Für die Energiewende dauert der Bau neuer Kernreaktoren Expert:innen zufolge zu lange, nämlich 15 bis 20 Jahre. Will man die Klimaziele erreichen, müsste das Stromsystem bis dahin bereits CO2-frei sein.
Quellen und weiterführende Informationen:
https://balkangreenenergynews.com/slovenia-cancels-referendum-on-krsko-2-nuclear-power-plant/ (en), https://www.umanotera.org/novice/izsiljeni-referendum-o-jek-2-zavaja-volivce-o-vec-deset-milijardni-nalozbi/ (sl), https://sloveniatimes.com/41062/slovenia-to-hold-referendum-on-new-nuclear-unit-on-24-november (en), www.deutschlandfunk.de/pro-und-contra-rueckkehr-kernkraft-deutschland-100.html (de), www.kleinezeitung.at/politik/aussenpolitik/18493514/slowenisches-parlament-beschliesst-volksbefragung-ueber-neues-akw (de), www.srf.ch/news/schweiz/atom-kehrtwende-bundesrat-will-bau-neuer-atomkraftwerke-wieder-ermoeglichen (de), www.swissinfo.ch/eng/swiss-politics/could-switzerland-build-new-nuclear-power-plants/87464326 (en), www.euronews.com/my-europe/2024/09/13/italy-eyes-up-nuclear-energy-with-plans-to-approve-new-plants-by-2025 (en), www.greenpeace.de/klimaschutz/energiewende/atomausstieg/maer-renaissance-atomkraft (de), https://www.global2000.at/atomkraft-slowenien (de), https://orf.at/stories/3352244/ (de), https://energiestiftung.ch/medienmitteilung/nationalrat-lehnt-neue-atomkraftwerke-ab (de), www.wwf.it/area-stampa/il-nucleare-ennesima-presa-in-giro-per-gli-italiani/ (it)