Verkehr verlagern statt verklagen

Ein nachhaltiges Verkehrsmanagement anstelle populistischer Klagen: Das fordern CIPRA-Vertretungen entlang der Verkehrsachse über den Brennerpass. Die Schweiz beschäftigt ein erneuter Verkehrsanstieg.

Die EU-Kommission hat den Weg für eine Klage Italiens gegen die österreichischen Fahrverbote auf der Brennerautobahn vor dem Europäischen Gerichtshof freigemacht. «Sollte eine solche Klage Erfolg haben, sollten also die Fahrverbote für Schwerfahrzeuge fallen, dann fallen alle Schranken», fürchtet Josef Oberhofer, Präsident des Südtiroler Dachverbands für Natur- und Umweltschutz. «Die Klage von Italiens Verkehrsminister Salvini stellt einen neuen Tiefpunkt in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit im Verkehrssektor dar», sagt Stephan Tischler, Vorsitzender von CIPRA Österreich und Verkehrsplaner an der Universität Innsbruck. «Die EU-Mitgliedstaaten sind gemeinsam mit der EU gefragt, den Schienenverkehr zu harmonisieren und in anstehenden Novellen die Verkehrsverlagerung verstärkt zu fördern, damit das Potenzial der Schiene ausgeschöpft und mehr Kostenwahrheit im Sinne des Verkehrsprotokolls geschaffen wird», erläutert Tischler. Auch Francesco Pastorelli, Geschäftsführer von CIPRA Italien, hofft, dass „die Europäische Union und die betroffenen Staaten mit einer konzertierten Aktion wirksame Massnahmen zur Verkehrsreduktion und Verkehrsverlagerung ergreifen“. Uwe Roth, Geschäftsführer von CIPRA Deutschland, kritisiert Medienberichte, die suggerieren, dass Wasserstoff- und E-Lastwagen die bessere Lösung wären: «Dass man mit Bezug auf den Status quo nur auf die zweiteffzienteste Lösung setzt, ist durchaus auffällig. Antriebswende statt Verkehrswende. Ganz im Sinne der Automobilindustrie.» Die Bahn nutze nicht nur die Energie deutlich effizienter als Lastwagen, sondern sei auch hinsichtlich Flächenverbrauch, Feinstaub oder Lärm ökologisch und sozial verträglicher als der Güterverkehr auf der Strasse. «Letzteres gilt vor allem für den alpinen Raum mit seinen engen Tälern und auch die Elektrifizierung der Lastwagen kann nichts daran ändern.»

Schutz vor wachsendem Verkehr

Auch in der Schweiz formiert sich Widerstand angesichts der beginnenden Sommersaison am Gotthardpass. Die Zahl der durch die Schweizer Alpen fahrenden Lastwagen ist seit 2020 wieder angestiegen, 2023 waren es bereits 916'000 anstatt der gesetzlich vorgesehenen maximal 650'000. Dazu kommt der ungebremst wachsende Personen- und Freizeitverkehr. Ende Mai 2024 machte die Alpen-Initiative mit einer Aktion in der Gemeinde Wassen auf das Problem des Ausweichverkehrs durch die Alpendörfer aufmerksam. Die seit 30 Jahren bestehende Organisation forderte den Bundesrat zudem mit einer Resolution dazu auf, die Alpen vor den negativen Auswirkungen des Verkehrs zu schützen, wie der Geschäftsführer der Alpen-Initiative, Django Betschart, erklärt: «Dank der Alpen-Initiative ist der Schutz des Alpengebietes vor den negativen Verkehrsauswirkungen seit 1994 in der Verfassung verankert. Diese Aufgabe erfüllt der Bund bis heute aber nur unzureichend – wie die steigenden Verkehrszahlen verdeutlichen. Die Bevölkerung leidet.»

 

Quellen und weiterführende Informationen:

https://tirol.orf.at/stories/3257162/ (de), www.ots.at/presseaussendung/OTS_20240515_OTS0156/alpentransit-eu-und-alpenstaaten-sind-gefordert-gemeinsam-ein-nachhaltiges-verkehrsmanagement-umzusetzen (de), www.umwelt.bz.it/aktuelles/presse/dvn-pm-eu-entscheidung-fahrverbote-cs-decisione-ue-divieti-di-circolazione.html (de), www.spiegel.de/auto/lkw-so-steht-es-um-elektro-und-wasserstoffantrieb-a-acb480b6-f9cb-4356-bd55-d2310a73b3a0?giftToken=6a8f59b8-36a8-482f-b5e8-f52548a99560 (de), www.alpeninitiative.ch/mm_mitgliederversammlung-2024/ (de)