Standpunkt: Geben wir der Jugend Vorrang vor dem Tourismus
Wir wollen, dass junge Menschen am Land bleiben, doch touristische Ansprüche, hohe Immobilienpreise und Landschaft als Spekulationsobjekt erschweren dies. Wir sprechen über den Kampf gegen die Klima- und Biodiversitätskrise, während Einkaufszentren und Gewerbegebiete in der freien Natur gebaut werden. Der Umweltschutz und Lösungen für die Wohnungskrise sollten Priorität haben, denn das wäre auch im Interesse junger Menschen, meint Dijana Čataković von CIPRA Slowenien. Sie fragt: Wer wird sonst noch in den Alpen wohnen und sich das Leben dort leisten können?
Wir betonen immer wieder, dass junge Menschen die Hoffnung für die Zukunft des Alpenraums sind. Aber ihre Bedürfnisse werden bei Entscheidungsprozessen meist übersehen, weil sie nicht vertreten sind oder ihre Ansichten nicht in die Forschung einbezogen werden. Junge Menschen im Alpenraum sind vielerorts mit dem Gefühl konfrontiert, dass sie selbst überflüssig sind und die weitere touristische Entwicklung behindern. Das sind die Ergebnisse unseres alpenweiten von Erasmus+ geförderten Projekts «Alpine Compass».
Die Herausforderungen sind klar. Jetzt müssen wir den jungen Menschen im Alpenraum zuhören und aktiv daran arbeiten, die im Projekt erarbeiteten Forderungen umzusetzen.
Hohe Preise und kurzfristig gebuchte Ferienwohnungen während der Hochsaison statt langfristiger Mietverträge: Für die von uns befragten jungen Menschen ist es schwierig, eine Immobilie zu finden, in der sie ganzjährig wohnen können. Für Eigentümer:innen sind touristische Buchungen rentabler. Eine Immobilie zu kaufen, können sich nur wenige leisten. Die hohen Preise in vielen Alpenregionen locken vor allem jene an, die Hotels bauen oder mit Grundstücken spekulieren.
Unsere Ergebnisse zeigen, was neben dem Wohnen für junge Menschen ausserdem wichtig ist: Etwa ein gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr, um autofrei mobil zu sein. Ebenso zentral sind weiche Faktoren wie die Förderung der psychischen Gesundheit und die Möglichkeit, persönliche Überzeugungen zu äussern, ohne dafür ausgegrenzt zu werden. Ausserdem wollen junge Menschen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Beruf und Freizeit.
Alpine Identität und Respekt für die Bergwelt kann man nicht kaufen. Man kann sie vermitteln – aber das braucht Zeit in der Umgebung, nicht nur gelegentliche Besuche. Wenn wir den Alpenraum lebendig halten wollen, müssen wir die Bedürfnisse der jungen Bevölkerung vor Ort in den Vordergrund stellen, nicht die der Tourist:innen.
Alle Forderungen, die im Rahmen des Projekts «Alpine Compass». entstanden sind, sind online nachzulesen: www.cipra.org/de/alpinecompass