Eine Reise durch die bedrohte Eiswelt der Alpen

Die Gletscher der Alpen schmelzen still und unaufhaltsam. Seit 2019 macht die «Gletscherkarawane» diesen Verlust sichtbar, dokumentiert die dramatischen Folgen der Klimakrise und ruft zum Handeln auf. Ein Gastbeitrag von Vanda Bonardo, Präsidentin von CIPRA Italien und Leiterin von Legambiente in den italienischen Alpen.

Die «Gletscherkarawane» reist durch die Alpen, dokumentiert den unaufhaltsamen Rückgang der Gletscher aufgrund der globalen Erwärmung und berichtet darüber in Echtzeit. 2024 fand sie bereits zum fünften Mal statt. Legambiente, einer der führenden Umweltverbände Italiens, organisiert die Kampagne gemeinsam mit CIPRA Italien und dem Italienischen Gletscherkomitee als wissenschaftlichem Partner. Dank der Zusammenarbeit mit der CIPRA wurde die «Gletscherkarawane» in den vergangenen beiden Jahren internationaler. Neben italienischen Gletschern besuchte die Kampagne im Jahr 2023 auch Stationen in der Schweiz und Österreich sowie 2024 in Frankreich und Slowenien.

Die Idee für diese Kampagne entstand 2019 während eines Gesprächs mit einer Freundin bei einer Pizza, als wir über die Beerdigung des Gletschers sprachen, der in jenem Sommer in Island verschwunden war. In diesem Moment dachte ich, dass es gut wäre, eine Art «Gletscherbegräbnis» in den Alpen zu organisieren. Auch in Italien wollten wir mit einer einfachen, aber öffentlichkeitswirksamen Aktion darauf aufmerksam machen. Also organisierten wir anlässlich der «Fridays for Future» am 27. September 2019 sieben alpine Mahnwachen sowie eine in den Apenninen an den Überresten des Calderone-Gletschers. Die Aktion war ein voller Erfolg, und das Echo verbreitete sich dank der umfangreichen Berichterstattung in nationalen und lokalen Medien schnell in ganz Italien. Wir wollten den Menschen aus erster Hand zeigen, was mit unseren Bergen passiert, wo die Temperatur doppelt so schnell steigt wie im weltweiten Durchschnitt und die Folgen der Klimakrise am deutlichsten zu spüren sind. Und das ist uns gelungen. Bei dieser Gelegenheit trafen wir auf einige der führenden Forscher:innen des Italienischen Gletscherkomitees. Gemeinsam überlegten wir, wie wir eine strukturierte, vom wissenschaftlichen Umweltschutz inspirierte Kampagne aufbauen könnten. Die Idee war, eine Initiative ins Leben zu rufen, die jedes Jahr den gesamten Alpenbogen bereist und dabei wissenschaftliche Erkenntnisse mit künstlerischen und emotionalen Erlebnissen kombiniert.

In den fünf Jahren, in denen wir unterwegs waren, haben wir eine Vielzahl von Daten gesammelt und in fünf Berichten zusammengefasst. Die gesamte Kampagne zielt darauf ab, ein grösseres Bewusstsein zu entwickeln, das zu konkreten Massnahmen und verantwortungsbewussterem Verhalten führt: Von der Anpassung an die Klimakrise und der Verringerung der Treibhausgasemissionen sowohl von jedem Einzelnen als auch von Institutionen. Die Rettung der Gletscher ist nur dadurch möglich. Geotextilien und andere künstliche Eingriffe zur Konservierung von Gletschereis sind teuer, unwirksam und umweltschädlich.

2025 als Internationales Jahr für den Erhalt der Gletscher bietet eine gute Gelegenheit, alpenweite Allianzen zu schmieden und unsere Vorschläge für den Schutz und die Anpassung an den Klimawandel in politische Strategien und Massnahmen umzusetzen. Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist das «Gletschermanifest» für einen europaweit koordinierten politischen Umgang mit Gletschern und damit verbundenen Ressourcen. Das grundlegende Ziel ist eine wirksame Governance dieser Ressourcen, die für Bergregionen, aber auch für Regionen abseits der Berge lebenswichtig sind. Hinter dem Manifest stehen CIPRA Italien, Legambiente, das Italienische Gletscherkomitee und der Italienische Alpenverein.