Gras wächst drüber: Wiesenmeisterschaften

Warum «Blümliwiesen» in der Schweiz nicht mehr belächelt, sondern prämiert werden.

Andreas Bosshard mag Blumenwiesen. Das kann man ohne Zweifel behaupten, denn der Schweizer Agrarökologe hat seine Doktorarbeit über artenreiche Wiesen geschrieben. Wiesen faszinieren ihn seit Jahrzehnten, deshalb hat Bosshard die Schweizer Wiesenmeisterschaften mitgegründet. Dort gewinnen nur die schönsten und artenreichsten Wiesen. Für Laien klingt das auf den ersten Blick nach einer halbernsten Sache. Manche Bauern sprechen abschätzig von «Blümliwiesen». Diese haben für sie keinen Mehrwert, ausser dass sie Direktzahlungen für deren Pflege bekommen.

Bosshard sieht das anders. Als er das erste Mal von Wiesenmeisterschaften in Österreich hörte, beschloss er, so etwas auch in der Schweiz organisieren. So durchstreiften im September 2007 das erste Mal Bauern und Biologinnen die schönsten Wiesen im Zürcher Oberland, mit Bewertungskatalog und Stift in der Hand. Darauf notierten sie Artenanzahl, Blumenvielfalt, Grösse, Strukturreichtum und Bewirtschaftungsweise der Wiesen. Für die Preisverleihung lud das Team um Bosshard einen speziellen Gast ein, nämlich den schönsten Schweizer. «Der hat ein Jahr zuvor den Schönheitswettbewerb für Männer gewonnen, war auch ein Bauer und heisst noch dazu Renzo Blumenthal», erklärt Bosshard. Das erregte Aufmerksamkeit über die Bauernzeitungen hinaus.

Seitdem berichten Medien über die Wiesenmeisterschaften, die jedes Jahr woanders stattfinden, von Appenzell bis Zürich. Einfach sei das Ganze nicht, erzählt Bosshard, es stecke viel ehrenamtliches Engagement dahinter und die Finanzierung sei schwierig. Denn im Gegensatz zu Österreich und Deutschland fliessen in der Schweiz keine öffentlichen Gelder in die Ausrichtung solcher Wiesenmeisterschaften. Die grösste Belohnung für Bosshard sind immer noch die Wiesenbegehungen mit den Bauern, die ihre «Blümliwiesen» wertschätzen gelernt haben.

Mehr Informationen: http://wiesenmeisterschaft.ch

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